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Im Gespräch mit Gordan Bakota, Botschafter der Republik Kroatien in Deutschland

„Diplomatie ist keine Karriere, sondern eine Berufung.“
Botschafter Bakota spricht im Interview über seine ersten Schritte im Außenministerium, prägende Stationen zwischen Washington, Belgrad, Ankara und Berlin sowie über die Bedeutung der kroatisch-deutschen Partnerschaft. Er erklärt, welche Rolle die Diaspora spielt, wie Kroatien seine Position in Europa sieht – und warum Teamgeist und patriotischer Einsatz für ihn das Fundament diplomatischer Arbeit sind.

Persönlich & Karriere

Exzellenz, was hat Sie zu einer diplomatischen Laufbahn bewegt und wie erinnern Sie sich an Ihre ersten Schritte im Außenministerium?

Für mich war der Eintritt in den diplomatischen Dienst der Republik Kroatien in erster Linie eine außergewöhnliche Ehre. Als Jurist und nachdem ich am Vaterländischen Krieg teilgenommen hatte, war der Ruf, in den diplomatischen Dienst unseres Heimatlandes einzutreten, für mich etwas ganz Besonderes. Ich werde niemals den 1. November 1992 vergessen, als ich mit großem Respekt und tiefem Stolz das damalige Außenministerium in der Visoka-Straße in Zagreb betrat und begriff, dass ich von diesem Tag an Teil der Diplomatie der Republik Kroatien war.

Welche Stationen Ihrer Karriere waren entscheidend für Ihre Entwicklung als Diplomat und Führungspersönlichkeit?

Ich habe eine Vielzahl unterschiedlicher Aufgaben im kroatischen diplomatischen Dienst wahrgenommen, sodass es schwerfällt, einzelne Stationen hervorzuheben. Dennoch würde ich vielleicht Washington D.C. nennen, den Sitz der US-amerikanischen Regierung, meine Mandate in Serbien – mit dem die Republik Kroatien stets komplexe und anspruchsvolle Beziehungen unterhält – sowie meine Zeit als Botschafter in der Republik Türkei, einem Land von besonderer Bedeutung in vielen Weltregionen. Schließlich möchte ich auch Berlin und die Bundesrepublik Deutschland hervorheben, die für Kroatien strategisch und wirtschaftlich zweifellos eine der höchsten Prioritäten darstellt.

Gab es einen Moment in Ihrer Karriere, der Ihr Verständnis für internationale Beziehungen besonders geprägt hat?

Solche Momente gab es viele. Besonders hervorzuheben ist jedoch sicherlich der Beginn der russischen Aggression gegen die Ukraine, als sich in Berlin und weltweit jenes inzwischen weithin bekannte „Zeitenwende“-Gefühl abzeichnete. Es wurde deutlich, dass sich die globale Ordnung und die internationalen Beziehungen grundlegend verändern und dass wir alle unsere bisherigen Denkweisen, Prioritäten und Handlungsweisen anpassen müssen. Diese neue Paradigma verlangte von jedem eine veränderte Wahrnehmung der internationalen Beziehungen und der Arbeitsweise der Diplomatie in solchen Umständen.

Welche persönlichen und beruflichen Werte sind Ihnen in Ihrer Funktion als Botschafter am wichtigsten?

Ich möchte nicht von mir selbst sprechen, doch scheint es mir aus langjähriger Erfahrung, dass für die Arbeit eines Diplomaten insbesondere kommunikative und analytische Fähigkeiten, patriotischer Geist sowie die Fähigkeit, das internationale Umfeld in seiner Gesamtheit zu erfassen, von großer Bedeutung sind. Zudem gilt: Ohne Teamarbeit gibt es keinen Erfolg – in keinem Beruf, und so auch nicht in der Diplomatie.

Wie gelingt Ihnen die Balance zwischen den Anforderungen des diplomatischen Dienstes und Ihrem Privatleben

Diplomatie ist kein Beruf, sondern eine Berufung. Es ist nahezu unmöglich, die Tätigkeit als Botschafter klar vom Privatleben zu trennen. Leicht ist das sicherlich nicht, doch selbst nach über 30 Jahren im kroatischen diplomatischen Dienst trage ich noch immer denselben Enthusiasmus, Stolz und dieselbe Ehre in mir, die Republik Kroatien vertreten zu dürfen – und damit fällt es auch leichter, ein gutes Gleichgewicht zwischen Beruf und Privatleben zu finden.

Kroatisch-deutsche Beziehungen und europäische Zusammenarbeit

Wie beurteilen Sie die aktuellen Beziehungen zwischen Kroatien und Deutschland – wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich?

Kroatien und Deutschland pflegen sehr intensive Beziehungen als EU-Partner und NATO-Verbündete, die in den gegenwärtigen geopolitischen Entwicklungen noch eine neue Dimension erhalten. Diese Beziehungen intensivieren sich in allen Bereichen. Die Kommunikation und Koordination zwischen beiden Partnern und Verbündeten ist in sämtlichen Kooperationsfeldern ausgesprochen eng. Gemeinsam gestalten wir die Europäische Union und das NATO-Bündnis und stimmen uns zu allen aktuellen Themen ab, insbesondere zur Unterstützung der Ukraine sowie zur Lage in Südosteuropa. Die Beziehungen sind freundschaftlich und partnerschaftlich, wobei auch die große kroatische Diaspora eine bedeutende Rolle spielt.

In welchen Bereichen sehen Sie das größte Potenzial für eine weitere Vertiefung der kroatisch-deutschen Zusammenarbeit?

Potenzial zur weiteren Vertiefung gibt es reichlich. Besonders hervorheben möchte ich die Zusammenarbeit im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich, in der Energiepolitik sowie im IT-Sektor, die – neben der wirtschaftlichen und touristischen Kooperation – zunehmend an Bedeutung gewinnen. Die Modernisierung der kroatischen Streitkräfte hat auch die Kooperation zwischen den Verteidigungsindustrien beider Länder vorangebracht. Besondere Chancen für die Zusammenarbeit zwischen Kroatien und Deutschland sehe ich zudem im Bereich Wissenschaft und Technologie.

Wie trägt die Botschaft dazu bei, die kroatische und die deutsche Wirtschaft, aber auch junge Menschen und die akademische Welt zu vernetzen?

Die Botschaft bemüht sich, über bestehende Kooperationsformate – wie die Ständige kroatisch-bayerische Kommission, die Gemischte Regierungskommission Kroatien–Baden-Württemberg, die Zusammenarbeit mit bestehenden Wirtschaftsforen und möglichen künftigen Formaten – die kroatisch-deutsche Wirtschaftsgemeinschaft, Unternehmer und Institutionen zu einer noch intensiveren Zusammenarbeit anzuregen. Ein Beispiel für ein erfolgreiches kroatisch-deutsches Wirtschaftsformat ist auch der KWVD, mit dem ich ausgezeichnet und sehr gerne zusammenarbeite und der eine überaus wichtige Rolle bei der Vernetzung der kroatischen und der deutschen Wirtschaft spielt – wofür ich besonders dankbar bin. Darüber hinaus leisten wir direkte Unterstützung sowohl für kroatische Unternehmer, die in Deutschland tätig werden möchten, als auch für interessierte deutsche Investoren in Kroatien. Eine zentrale Rolle spielt dabei auch die Zusammenarbeit mit den deutschen Bundesländern, die in meiner Arbeit höchste Priorität genießt.

Welche Bedeutung hat die kroatische Diaspora in Deutschland für die bilateralen Beziehungen?

Ich persönlich bin überzeugt, dass die kroatische Diaspora in Deutschland eine der Schlüsselfunktionen in den bilateralen Beziehungen beider Länder hatte und auch heute noch innehat. Schon allein die Tatsache, dass es unter den rund 500.000 Kroaten in Deutschland eine große Zahl sehr erfolgreicher Menschen gibt, eröffnet beträchtliche Möglichkeiten, die politischen, wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und sonstigen Beziehungen zwischen Deutschland und Kroatien weiter zu vertiefen. Die Zusammenarbeit mit der kroatischen Diaspora ist daher eine meiner Prioritäten hier in Deutschland, und wir prüfen auch neue Modelle der Zusammenarbeit. Der patriotische Geist der kroatischen Auswanderer ist ein wahrer Motor der Kooperation – und er verpflichtet alle kroatischen Diplomaten zu einem ständigen, engen und qualitativ hochwertigen Austausch mit unserer Diaspora.

Welche Rolle sehen Sie für Kroatien innerhalb der Europäischen Union, insbesondere im Kontext der aktuellen geopolitischen Herausforderungen?

Die EU-Mitgliedschaft Kroatiens eröffnet zweifellos neue Möglichkeiten, auch in den Beziehungen zu Deutschland. Es geht um den Zugang zum Binnenmarkt, der auf den vier Grundfreiheiten beruht und kroatischen Unternehmern, insbesondere Exporteuren, enorme Chancen für die Zusammenarbeit mit dem drittgrößten Wirtschaftsraum der Welt eröffnet. Der Beitritt Kroatiens zum Schengenraum und die Einführung des Euro sind sicherlich Voraussetzungen für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft und für die Chancen kroatischer Unternehmer, die in Deutschland tätig sein wollen. Zugleich ist es unter diesem europäischen Dach wesentlich einfacher, gemeinsam mit unseren europäischen Partnern in herausfordernden geopolitischen Zeiten unsere Verteidigungs- und Sicherheitskapazitäten zu stärken und die notwendige Synergie zu schaffen. Ich bin fest davon überzeugt, dass die europäischen Staaten nur gemeinsam in der Lage sind, den globalen Herausforderungen unserer Zeit angemessen zu begegnen.